Wir sind zufriedener, als wir denken

Dieser Tage erwecken die Medien den Eindruck, dass unsere Welt in einem schlechten Zustand ist: Klimawandel, Kriege, Populismus. Doch ist es wirklich so schlimm, wie wir denken?

Schreckliche Ereignisse verstärken Gefühle wie Pessimismus, Misstrauen und Unsicherheit. Das Vertrauen in die Politik gerät ins Wanken, populistische Gruppierungen gewinnen an Stärke. Dabei geht es in vielen Bereichen bergauf: Gesundheit, Bildung, Wohlstand. Insgesamt verzeichnet die Lebenszufriedenheit der Deutschen Zuwächse, wie der aktuelle Glücksatlas der Deutschen Post zeigt.

Abbildung 1

Lebenszufriedenheit in Deutschland im Zeitverlauf 2004 bis 2017

 

 

Quelle: Krieg/Raffelhüschen, 2017

Auf einer Skala von 0 (überhaupt nicht zufrieden) bis 10 (völlig zufrieden) gaben die Befragten durchschnittlich einen Wert von 7,07 an. Dieser liegt zwar mit 0,04 Punkte minimal unter dem Wert des Vorjahres (7,11), aber insgesamt bezifferten 82% der Befragten ihre Zufriedenheit als besser als sechs. Damit bleibt die Lebenszufriedenheit der Deutschen auf einem hohen Niveau. Im Europaranking (Gesamtdurchschnitt 6,7) bedeuten diese Ergebnisse Platz 9 (von 33), hinter Ländern wie Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Irland. Die Deutschen sind insbesondere in den Lebensbereichen Wohnen, Familie und Freizeit zufrieden. Dagegen sind viele mit ihrem persönlichen Einkommen am wenigsten zufrieden. Der wichtigste Faktor, der das Glück der Deutschen positiv beeinflusst, ist die wirtschaftliche Entwicklung. Hierzu gehören unter anderem die sinkende Arbeitslosigkeit und steigende Löhne.

Im regionalen Vergleich gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Menschen in den neuen Bundesländern bewerten ihre Lebenszufriedenheit geringer als die Menschen in den alten Bundesländern. Die regionale Lebenszufriedenheit ist in Schleswig-Holstein (7,43), Hamburg (7,28) und Baden (7,28) am höchsten, in Sachsen-Anhalt (6,83), Brandenburg (6,86) und Mecklenburg-Vorpommern (6,89) am niedrigsten. Positiv anzumerken dabei ist, dass der Abstand zwischen der glücklichsten und der unglücklichsten Region kontinuierlich rückläufig ist.

Eine weitere positive Erkenntnis des Glücksatlas ist es, dass sich die Mehrheit der Deutschen als positiv-reziprok bezeichnet. Reziprozität bedeutet Gegenseitigkeit im menschlichen Handeln. Nach dem Motto „wie du mir, so ich dir“ tun positiv-reziproke Menschen jemand anderem eher einen Gefallen, der ihnen auch schon einmal einen Gefallen getan hat. Positiv-reziprokes Verhalten schafft Vertrauen und erhöht die Wahrscheinlichkeit ehrenamtlichen Engagements, welches sich wiederum positiv auf die Lebenszufriedenheit auswirkt.

Abbildung 2

Lebenszufriedenheit und ehrenamtliches Engagement

„Wie oft üben Sie eine ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen, Verbänden oder sozialen Diensten aus?“

 

 

Quelle: Krieg/Raffelhüschen, 2017

Ehrenamtliches Engagement stärkt das Miteinander in einer Gesellschaft und macht subjektiv zufriedener. Oder: wer zufriedener ist, engagiert sich mehr. Insbesondere im Hinblick auf die Unsicherheit vieler Menschen bei den Themen Einwanderung, Sicherheit und Gerechtigkeit ist es von hoher Bedeutung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt weiter zu stärken. Doch auch der Zusammenhalt ist laut einer Bertelsmann Studie nicht so schlecht wie sein Ruf, auch wenn viele Befragte diesen als gefährdet ansehen. Auf der angegebenen Skala von 0 bis 100 Punkten erreichen alle Bundesländer zwischen 57 und 63 Punkte.

Die Ergebnisse des Glücksatlas zeigen, dass die Deutschen sehr zufrieden sind. Steven Pinker, Psychologe und Harvard-Professor, sagt „Es erfordert Disziplin, sich von Zahlen und Fakten leiten zu lassen. Die Alternative ist Irrationalität“. Er setzt sich unter anderem mit der Evolutionspsychologie auseinander und vertritt die Meinung, dass es der Menschheit so gut ginge wie noch nie. Allerdings würde sich unsere Wahrnehmung auf das fokussieren, was zu unseren Annahmen passt. Dabei tendiere der Mensch zum negativen, Informationen über Probleme erwecken in uns besonders großes Interesse. Hinzu kommt, dass durch die rasend schnelle Verbreitung von Informationen im Internet der subjektive Eindruck entsteht, negative Ereignisse würden sich häufen. In der Flut von Informationen vergessen wir allzu oft, dass es uns besser geht, als wir denken.

 

Quellen:

Krieg, Oliver / Raffelhüschen, Bernd, 2017, Glücksatlas 2017, Bonn

Mingels, Guido, 2018, Alles wird besser, und er kann’s beweisen, magazin.spiegel.de/SP/2018/8/155846314/index.html [15.04.2018]

Bertelsmann Stiftung, 2017, Sozialer Zusammenhalt in Deutschland 2017, www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2017/dezember/gesellschaftlicher-zusammenhalt-in-deutschland-besser-als-sein-ruf [15.04.2018]

 

Lena arbeitet seit 2018 als Referentin in der IW Akademie. Sie studierte im Master Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Management/Marketing an der Universität Duisburg-Essen.