Nachhaltiges Glück

Zwei der aktuell wichtigsten globalen Probleme sind ohne Zweifel die Corona-Pandemie und der Klimawandel. Trotzdem ist durch die Pandemie der Klimawandel im öffentlichen Diskurs in den Hintergrund gerückt. Doch Nachhaltigkeit ist nicht nur für das Fortbestehen unseres Planeten von existenzieller Bedeutung, auch unsere Lebenszufriedenheit kann positiv beeinflusst werden.

Die allgemeine Lebenszufriedenheit in Deutschland hat sich in den letzten 20 Jahren positiv entwickelt und liegt in jüngster Zeit auf einem anhaltend hohen Niveau (Grimm/Raffelhüschen, 2020; Enste et al., 2019). Nachdem im vergangenen Jahr 2019 der höchste Indexwert seit 1984 erreicht werden konnte, führte die Corona-Pandemie jedoch zu einem starken Einbruch (Abbildung 1). Dieser Einbruch ist nicht überraschend, sind doch einige der größten Glücksfaktoren Gesundheit, finanzielle Sicherheit, Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte (Raffelhüschen/Schlinkert, 2016; Enste et al., 2019). In diesen Bereichen mussten die Menschen im Jahr 2020 erhebliche Einschränkungen hinnehmen.

Abbildung 1: Durchschnittliche Lebenszufriedenheit der Deutschen im Zeitverlauf (Skala von 0 bis 10)

 

 

Quelle: Grimm/Raffelhüschen, 2020; Raffelhüschen/Schlinkert, 2016, 2018; Krieg/Raffelhüschen, 2017

 

Während die Pandemie allgegenwärtig ist, ist der Klimawandel zeitweise im öffentlichen Diskurs in den Hintergrund gerückt. Doch spätestens seitdem Fridays for Future wieder Demonstrationen ankündigten, ist auch dieses Problem wieder auf die Agenda gerückt. Anders als anzunehmen, ist das Thema allerdings keineswegs aus den Köpfen der Menschen verschwunden. Im Gegenteil: Mehr Menschen machen sich offenbar extrem große Sorgen um die Folgen des Klimawandels als um die Corona-Pandemie (Abbildung 2).

 

Abbildung 2: Sorgen um die Corona-Pandemie im Vergleich zu Sorgen um Folgen des Klimawandels (in Prozent)

 

 

Quelle: Grimm/Raffelhüschen, 2020

 

Doch was hat die Lebenszufriedenheit damit zu tun? Nachhaltigkeit stand bisher nicht besonders im Fokus der Glücksforschung. Aber: Der neue Glücksatlas (Grimm/Raffelhüschen, 2020) zeigt, dass nachhaltiger Konsum die Lebenszufriedenheit hebt. 70 Prozent der Befragten gibt es ein gutes Gefühl, ein nachhaltig hergestelltes Produkt zu kaufen. Am höchsten ist dieses Gefühl bei den 19 bis 29-jährigen mit 78 Prozent Zustimmung, doch auch alle anderen Altersgruppen zeigen eine Zustimmung von 65 (40 bis 49 Jahre) bis 70 Prozent (30 bis 39 Jahre). Trotzdem ist die Akzeptanz von höheren Preisen weiterhin gering – das Attitude-Behaviour-Gap (Blogartikel) immer noch stark vorhanden. Rund 14 Prozent der Deutschen würden für nachhaltige Lebensmittel „viel mehr“ Geld ausgeben, 10 Prozent für nachhaltig produzierte Kleidung und 9 Prozent für eine umweltschonende Reise. Hier zeigt sich im Detail allerdings ein Unterschied zwischen der älteren und der jüngeren Generation: Die älteren leben ressourcenschonender, möchten für nachhaltige Produkte aber nicht unbedingt mehr zahlen. Den jüngeren fällt der Verzicht schwer, sie sind aber eher bereit, höhere Preise in Kauf zu nehmen, wie etwa bei einer Urlaubsreise (Grimm/Raffelhüschen, 2020).

Dass Verzicht und Selbstdisziplin als Gegenteil von materiellem Konsum allerdings eine positive Auswirkung auf das Glück haben können, ist in der Forschung lange bekannt. Wer in der Lage ist, sich besser zu kontrollieren, ist glücklicher. Kurzfristigen, spontanen Versuchungen zu widerstehen kann helfen, zu wachsen und auf lange Sicht glücklicher zu werden (Hofmann, 2014). Ein nachhaltiger Lebensstil mit weniger Konsum kann helfen, die hedonische Tretmühle zu umgehen: Konsum führt zwar kurzfristig zu mehr Glück, gleichzeitig gewöhnt man sich jedoch schnell an die neuen Besitztümer, wodurch mehr und mehr konsumiert wird, um das Glück aufrecht zu erhalten (Enste et al., 2019).

Ob dies damit zusammenhängt, dass tatsächlich 48 Prozent derer, die konsequent nachhaltig leben, sehr zufrieden mit ihrem Leben sind, also auf einer Skala von 0 bis 10 mindestens eine 8 angeben (Grimm/Raffelhüschen, 2020), ist an dieser Stelle allerdings noch unklar. Bei den Sorglosen sind es lediglich 29 Prozent. Beachtet werden müssen sicherlich auch weitere Effekte wie Bildung, Lebensstandard und finanzielle Ausstattung.

 

Abbildung 3: Lebenszufriedenheit und Gewissenhaftigkeit beim Einkauf (in Prozent)

 

 

Quelle: Grimm/Raffelhüschen, 2020

 

Und trotzdem: Nachhaltiges Leben lohnt sich also – nicht nur für den Planeten, auch für unser Glück!

 

 

 

Quellen:

Enste, Dominik / Eyerund, Theresa / Suling, Lena / Tschörner, Anna-Carina, 2019, Glück für alle?, Oldenbourg.

Hofmann, Wilhelm et al., 2014, Yes, But Are They Happy? Effects of Trait Self-Control on Affective Well-Being and Life Satisfaction, in: Journal of Personality and Social Psychology, 82. Jg., Nr. 4, 265–77.

Krieg, Oliver / Raffelhüschen, Bernd, 2017, Deutsche Post Glücksatlas 2017, München.

Raffelhüschen, Bernd / Schlinkert, Reinhard, 2016, Deutsche Post Glücksatlas 2016, München.

Raffelhüschen, Bernd / Schlinkert, Reinhard, 2018, Deutsche Post Glücksatlas 2018, München.

 

Lena arbeitet seit 2018 als Referentin in der IW Akademie. Sie studierte im Master Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Management/Marketing an der Universität Duisburg-Essen.