Nachhaltigkeitsberichterstattung - Wo liegen die Chancen für StartUps?

Die Einbeziehung der UN-Nachhaltigkeitsziele stellt insbesondere für KMU eine bedeutende Herausforderung dar. Im Vergleich zu Großkonzernen verfügen sie oft über begrenztere Ressourcen, die für den unmittelbaren  Geschäftsbetrieb benötigt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Startup PHABIOC zeigt, wie erste Schritte in Richtung Nachhaltigkeitsberichterstattung gestaltet werden können.

Das Startup PHABIOC mit Sitz in Karlsruhe wurde 2023 von Dr.-Ing. Carsten Radtke und Jannik Jungmann gegründet. Das noch junge Unternehmen entwickelt innovative Werkzeuge, Mikroplatten und Analysegeräte für die pharmazeutische und biotechnologische Industrie. Ihren Kunden bietet PHABIOC fortschrittliche und effiziente Analysemöglichkeiten sowie innovative Lösungen für komplexe Herausforderungen im Labor. Die neue CSRD-Berichterstattung beschäftigt auch das Startup. Zwar besteht für Phabioc noch keine Berichtspflicht, diese greift erst ab 250 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von 250 Millionen Euro, dennoch steht das Thema Nachhaltigkeit bereits weit oben auf der Agenda. PHABIOC hat erkannt, dass sich durch eine frühe Auseinandersetzung mit dem Thema CSRD wichtige Wettbewerbsvorteile generieren lassen. Geschäftsführer Jannik Jungmann hat uns hierzu einige Fragen beantwortet und uns Einblick in die Motivation dahinter gegeben.

 

Große mittelständische Unternehmen bilden im Hinblick auf die neue CSRD-Berichtspflicht ganze Nachhaltigkeitsabteilungen und Arbeitsteams. Auch Unternehmensberatungen in diesem Bereich sind gefragt wie nie. Wie geht ihr als kleines Unternehmen die Berichterstattung an? Wie holt ihr euch zusätzliche Expertise ins Team?

Als kleines Unternehmen gehen wir die Berichterstattung im Hinblick auf die neue CSRD-Berichtspflicht strategisch an.

Obwohl wir aufgrund unserer Größe derzeit nicht verpflichtet sind, Berichte zu erstellen, beliefern wir Großkonzerne, die diese Berichterstattung möglicherweise in Zukunft von uns verlangen werden. Wir erkennen den Trend, dass Unternehmen verstärkt Nachhaltigkeitsabteilungen gründen, und sind uns bewusst, dass dies auch für unsere Kunden relevant werden könnte.

Wir haben uns für die Zusammenarbeit mit der IW Akademie entschieden, nachdem wir einen Vortrag über die CSRD-Berichtspflicht von einem ehemaligen Studenten gehört haben. Zu diesem Zeitpunkt war uns klar, dass wir auf Expertise von außen angewiesen sind, um dieses komplexe Thema anzugehen. Da es für uns derzeit nicht möglich ist, zusätzliche Expertise direkt ins Team zu holen, sind wir dankbar für die Möglichkeit, durch ein studentisches Projekt mit der IW Akademie wertvolle erste Erfahrungen zu sammeln und uns auf diesem Gebiet weiterzuentwickeln.

 

Als Startup ist PHABIOC zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht verpflichtet. Trotzdem geht ihr das Thema frühzeitig an. Warum ist Nachhaltigkeit für euch wichtig?

Nachhaltigkeit ist für uns als Startup von entscheidender Bedeutung, auch wenn wir derzeit nicht gesetzlich zur Berichterstattung verpflichtet sind. Als Unternehmen, das Laborverbrauchsartikel aus Kunststoff entwickelt und vertreibt, liegt es in unserer Verantwortung, die Auswirkungen unserer Produkte auf die Umwelt zu berücksichtigen und wo möglich gegensteuern zu können. Obwohl Kunststoff, insbesondere für optische Anwendungen wie in unserem Fall, vorerst unverzichtbar ist, streben wir danach, frühzeitig Möglichkeiten zum Recycling oder den Einsatz von Ersatzstoffen zu erkunden. Wir möchten potenzielle Risiken im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit frühzeitig identifizieren und aktiv angehen. Es ist wichtig zu betonen, dass unsere Produkte nicht nur Müll produzieren, sondern auch dazu beitragen, Verbrauchsmaterialien und andere energieintensive Prozesse zu reduzieren. Wir sind bestrebt, diese positiven Aspekte klarer darzustellen und kontinuierlich an der Verbesserung unserer Nachhaltigkeitspraktiken zu arbeiten.

 

Warum beginnt ihr proaktiv mit der Berichterstattung?

Wir sehen vor allem die Chancen für unsere junge Firma, durch die frühzeitige Übernahme von Verantwortung in diesem Bereich zukünftig die Zusammenarbeit mit unseren Kunden auf eine vertrauensvolle Basis stellen zu können.

 

Seht ihr den Nachhaltigkeitsbericht als Teil eures Geschäftserfolgs?

Ja, wir betrachten den Nachhaltigkeitsbericht als einen integralen Bestandteil unseres Geschäftserfolgs, auch wenn wir derzeit noch nicht verpflichtet sind, einen solchen Bericht zu erstellen. Unsere aktuellen Vorbereitungen auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung sehen wir als wichtigen Schritt für die Zukunft. Durch die frühzeitige Auseinandersetzung mit diesem Thema schaffen wir eine solide Basis, die es uns ermöglicht, bei Anfragen kurzfristig und souverän zu reagieren. Dies gibt uns einen klaren Wettbewerbsvorteil und stärkt unser Unternehmen für zukünftige Herausforderungen.

Wir sind davon überzeugt, dass der Nachhaltigkeitsbericht dazu beitragen wird, das Vertrauen unserer Kunden, insbesondere großer Unternehmen, zu stärken. Indem wir transparent über unsere Nachhaltigkeitsbemühungen berichten, zeigen wir unser Engagement für verantwortungsbewusstes Handeln und können uns als vertrauenswürdiger Partner positionieren.

 

Was sind eure Hauptthemen im Bereich der Nachhaltigkeit, worauf legt ihr Wert? Welche Herausforderungen müsst ihr angehen?

Im Bereich der Nachhaltigkeit konzentrieren wir uns bei PHABIOC auf mehrere Hauptthemen, auf die wir besonderen Wert legen. Unsere Schwerpunkte liegen darauf, kurzfristig umsetzbare Maßnahmen zu identifizieren und umzusetzen, um einen positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten.

Ein Hauptthema ist die Ökologie, indem wir uns auf die Entwicklung und Vermarktung nachhaltiger Produkte konzentrieren. Dabei zielen die Produkte darauf ab,  Müll zu reduzieren (Reduzierung von Verbrauchsmaterialien) und energieintensive Prozesse (Zellkulturexperimente oder Tierversuche) zu minimieren. Wir fördern den Einsatz digitaler Medien anstelle von Papier, um unsere Umweltbelastung zu verringern.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Corporate Governance und der Einhaltung von Regulierungsstandards. Wir legen Wert auf klare Werte und Prinzipien, um eine ethische und verantwortungsbewusste Unternehmensführung sicherzustellen.

Die Herausforderung besteht darin, alle unsere Bemühungen klar und verständlich zu dokumentieren und sicherzustellen, dass unsere Werte und Prinzipien in der täglichen Praxis gelebt werden.

 

Seht ihr Möglichkeiten, euch bei PHABIOC hinsichtlich der SDGs zu engagieren? Auf welche SDGs setzt ihr den Fokus?

Ja, bei PHABIOC erkennen wir verschiedene Möglichkeiten, uns im Rahmen der Sustainable Development Goals (SDGs) zu engagieren, insbesondere konzentrieren wir uns auf SDG 9 und SDG 12.

SDG 9 (Industrie, Innovation und Infrastruktur) ist für uns relevant, da wir uns kontinuierlich darauf konzentrieren, effizientere Prozesse und Materialien zu entwickeln. Durch die Optimierung unserer Fertigungstechnologien und den Einsatz innovativer Materialien streben wir Einsparungen beim verwendeten Material an, was nicht nur unsere Produktionskosten senkt, sondern auch unsere Umweltbilanz verbessert.

Des Weiteren fokussieren wir uns auf SDG 12 (Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster), indem wir Maßnahmen ergreifen, um den Bedarf an Einweg-Platten zu reduzieren. Wir entwickeln nachhaltige Produktverpackungen und suchen aktiv nach alternativen Lösungen, die unseren ökologischen Fußabdruck minimieren. Durch die Förderung von Kreislaufwirtschaft und die Reduzierung von Abfall tragen wir aktiv zum Ziel einer nachhaltigen Entwicklung bei.

 

Hier geht's zur Website von PHABIOC: phabioc.com

Lena arbeitet seit 2018 als Referentin in der IW Akademie. Sie studierte im Master Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Management/Marketing an der Universität Duisburg-Essen.