Warum moralische Fehltritte von Managern durch den Kunden bestraft werden

Unethisches Handeln in der Führungsetage von Unternehmen bleibt in Zeiten von Social Media längst nicht mehr so unbemerkt, wie es früher vielleicht einmal der Fall war. Die Bedeutsamkeit ethischen Handelns ist in den Fokus der Aufmerksamkeit vieler Menschen gerückt, was Unternehmen zunehmend unter Druck setzt. Aber warum eigentlich?

Unternehmensskandale wie Enron (Bilanzfälschung), FIFA (WM Vergabe) und Volkswagen (Abgasskandal) die aufgrund unethischen Verhaltens des Managements entstanden, machten in den vergangenen Jahren immer wieder Schlagzeilen. Derartige Ereignisse unterstützen die Forderung nach mehr Transparenz und Kontrolle in den Unternehmen, da Kunden mehr und mehr das Vertrauen verlieren. Jedoch stehen Unternehmen vor der Herausforderung, ihren Kunden einerseits preiswerte und innovative Produkte bzw. Dienstleistungen zu bieten, andererseits aber auch fair und ethisch zu handeln, was häufig kurzfristig mit höheren Kosten verbunden ist. Ethische Führung kann einen Beitrag leisten, dieses Dilemma zu überwinden.

Während die empirische Forschung bereits unmittelbare Verbindungen zwischen ethischer Führung und Mitarbeiterverhalten nachgewiesen hat, waren Erkenntnisse zu den Auswirkungen auf den Kunden eher begrenzt.

Eine Studie der Hamburger Kühne Logistics University untersuchte nun erstmals die Relevanz ethischer Führung für organisationsexterne Stakeholder.

Diese Betrachtungsperspektive ist insofern relevant, als dass sich Einsichten in das interne Führungsverhalten und interne Entscheidungen schnell über Unternehmensgrenzen hinaus durch Social Media verbreiten. Immer wieder gelangen E-Mails, vertrauliche Papiere oder Mitarbeiterinformationen an die Öffentlichkeit.

In experimentellen Studien untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen ethischer Führung und der Bildung von Kaufentscheidungen der Kunden. Die Teilnehmer wurden befragt, wie ethisch, kompetent und sympathisch sie verschiedene Unternehmen bewerten und wie sie das jeweilige Produkt oder die Dienstleistung wahrnehmen. Zur Meinungsbildung wurden u.a. Werbeanzeigen, Produkte und öffentliche Auftritte der Manager genutzt. Ziel war es, die Wirkung der individuellen moralischen Identität auf die Beziehung zwischen ethischer Führung und Kaufentscheidung zu prüfen.

Im Ergebnis zeigte sich, dass unethisches Manager-Verhalten sich stärker auf Kundenentscheidungen auswirkt, als bislang angenommen. Zumindest im experimentellen Umfeld.

Das Team um Prof. Dr. Niels Van Quaquebeke wies nach, dass Kunden Hinweise auf ethische Führung wahrnehmen und als zusätzliche Bezugspunkte bei der Bildung von Kaufabsichten nutzen. Kunden entscheiden mittlerweile verstärkt, ob der Kauf eines Produktes moralisch vertretbar ist. Dies kann auf das Phänomen der Selbstkongruenz zurückzuführen. Kaufentscheidungen werden in Bezug auf das eigene Selbstverständnis gebildet und sind ein Ausdruck der eigenen moralischen Werte. Sie orientieren sich dabei an den Vorstellungen eines idealen Selbst, das sich durch die Sozialisation eines Menschen individuell bildet. Die Studie zeige, dass je höher die Ausprägung moralischer Identität der Teilnehmer war, desto stärker sie Aspekte ethischer Führung in ihre Kaufabsichten einbezogen. Führung findet daher nicht mehr nur nach innen statt, sondern kann zunehmend auch einen Einfluss auf das Kundenverhalten haben. Die Macht der Konsumenten wirkt unter Umständen bis ins Unternehmen hinein.

Die Studie birgt wichtige Erkenntnisse für das Führungsverhalten in Unternehmen.

Die Erkenntnis, dass ethische Führung nicht nur interne (Mitarbeiter) sondern auch externe (Kunden) Auswirkungen hat, erfordert eine klare ethische Haltung der Führungskräfte. Vertrauen und Glaubwürdigkeit werden zu zentralen Schlüsselwörtern. Einem Unternehmen bringt es wenig, sich medienwirksam für den Klimaschutz oder gegen Rassismus einzusetzen, wenn sich das Management moralische Fehltritte erlaubt und falsche Entscheidungen trifft. Ethische Führung muss auf allen Managementebenen umgesetzt werden. Die Eigenschaften Ehrlichkeit, Fairness und Engagement sollten gezielt gefördert werden. Dies kann dann letztendlich einen nachhaltigen positiven Einfluss für das Unternehmen haben.

 

Quellen

Van Quaquebeke, Niels et al: Perceived Ethical Leadership Affects Purchasing Intentions beyond Ethical Marketing in Advertising Due to Moral Identity Self-congruence Concerns, Journal of Business Ethics, Mai 2017

Enste, Prof. Dr. Dominik; Tschörner, Anna-Carina: Ethische Führung in Unternehmen, Grundlagen der Weiterbildung, Luchterhand, Köln, 2017, S. 1–18

Changement Magazin: Was Unternehmenswerte wert sind (Ausgabe 6/2017)

Harvard Business Manager: Miese Manager vergraulen Kunden (01. Januar 2018)

 

Lena arbeitet seit 2018 als Referentin in der IW Akademie. Sie studierte im Master Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Management/Marketing an der Universität Duisburg-Essen.