Glück: Die Mischung macht`s

Die einen suchen es auf dem Rücken der Pferde, andere in der Lottoannahmestelle, auf einer Partnerbörse im Internet, im Süßigkeitenregal oder auf der Karriereleiter. Was glücklich macht, lässt sich aber auch messen und in Zahlen gießen, wie ein neues Buch von IW-Wissenschaftlern zeigt.

iwd Artikel vom 27.08.2019 zum Buch „Glück für Alle? Eine interdisziplinäre Bilanz zur Lebenszufriedenheit“ von Dominik H. Enste, Theresa Eyerund, Lena Suling und Anna-Carina Tschörner – im Handel erhältlich

Der Mensch strebt nach Glück, doch mit dem Glück ist das so eine Sache. Viele verbinden es mit Erfolg und einer steilen Karriere, und dafür ist eine gute Bildung unabdingbar. Während im 19. Jahrhundert noch manch einer glaubte, Bildung mache unglücklich, wissen wir heute, dass mehr Bildung die Zufriedenheit erhöht – wenn auch nicht unbegrenzt: Tatsächlich sind Menschen mit mittlerer Bildung am glücklichsten, die mit sehr hohen Qualifikationen haben dagegen auffallend niedrige Zufriedenheitswerte.

Dafür gibt’s, zum Glück, einen Grund: Offenbar wird es mit zunehmendem Bildungsgrad schwieriger, eine Arbeit zu finden, die den eigenen Vorstellungen entspricht. Wer zum Beispiel seinen Doktortitel gemacht hat, stellt wahrscheinlich hohe Ansprüche an seinen Beruf – die aber nicht immer erfüllt werden.

Auch die Wahl der Studienrichtung hängt eng mit der Zufriedenheit zusammen (Grafik):

Jeweils gut 70 Prozent der Sprach-, Religions- und Sozialwissenschaftler haben nach eigenen Angaben eine hohe Lebenszufriedenheit – im Durchschnitt aller Bundesbürger sind es nur etwas mehr als 50 Prozent.

 

 

Ganz unten im Ranking stehen die Naturwissenschaftler: Nur 30 Prozent von ihnen erreichen auf der 10-stufigen Zufriedenheitsskala mindestens 8 Punkte. Auch die Aussicht auf ein hohes Einkommen macht nicht zwangsläufig glücklich, wie das Beispiel der Zahnmediziner zeigt: Lediglich 46 Prozent von ihnen erfreuen sich einer hohen Zufriedenheit – Politikwissenschaftlern und Philosophen geht es ebenfalls nicht oder kaum besser.

 

Glück und Einkommmen hängen zusammen

Glück und Einkommen korrelieren zwar grundsätzlich positiv miteinander: Wenn das Einkommen steigt, erhöht sich die Lebenszufriedenheit. Doch Studien zeigen:

Ab rund 60.000 bis 70.000 Euro Jahreseinkommen bringt mehr Geld den Menschen keine zusätzliche Lebensfreude.

Kurios: Mehr zu verdienen als der Nachbar oder Arbeitskollege, hilft der guten Laune allerdings sehr wohl auf die Sprünge.

Am Ende kann man Glück jedenfalls nicht kaufen. Viel wichtiger als ein hohes Einkommen ist es offenbar, seinem Leben einen Sinn zu geben, beispielsweise durch den Beruf. Wer seine Arbeit als Berufung empfindet, weist in der Regel eine höhere Zufriedenheit auf und fühlt sich gesünder als jemand, der seinen Traumjob nicht gefunden oder nicht erreicht hat.

 

Am glücklichsten sind Menschen, wenn sie mit denen zusammen sein können, die sie mögen.

 

Auch im Privaten ist Sinnstiftung ein Schlüssel zum Glück: Je altruistischer ein Mensch ist, je wichtiger es für ihn also ist, anderen zu helfen, desto zufriedener ist er mit seinem Leben. Der Grund dafür liegt im inneren Antrieb:

Menschen, die ideelle Ziele verfolgen, sind meist glücklicher als die, die materielle Ziele haben.

Wichtig für das Glücksempfinden sind also weniger Dinge, sondern vielmehr Erlebnisse wie Reisen oder Sport. Schon eine Stunde Sport pro Woche kann sogar die Wahrscheinlichkeit verringern, eine Depression zu entwickeln.

Am glücklichsten sind Menschen, wenn sie mit denen zusammen sein können, die sie mögen – mit Freunden, Verwandten, den Kindern oder auch den Kollegen. Und natürlich mit dem Partner oder der Partnerin: Menschen in einer festen Beziehung – ob ledig oder verheiratet – erreichen auf der Zufriedenheitsskala 7,4 bis 7,6 Punkte, Menschen ohne Partner bis zu 1,2 Punkte weniger.

Um für ihre sozialen Beziehungen möglichst viel Zeit zu haben, geben die Menschen gern Geld für zeitsparende Dienstleistungen aus – sie beschäftigen eine Haushaltshilfe, leisten sich einen Steuerberater oder besuchen ein Restaurant. Der Hintergrund: Steigender Wohlstand führt bei vielen zu einem verstärkten Gefühl der Zeitknappheit. Dies produziert Stress, der sich negativ auf das Glück auswirkt. Ein einfaches Beispiel für diesen Zusammenhang ist das Pendeln zum Arbeitsplatz. Je länger die Strecke und damit der Zeitaufwand, desto niedriger ist in der Regel die Lebenszufriedenheit.

Zu viel Freizeit macht nicht glücklicher

Doch Vorsicht: Zu viel Freizeit macht – ähnlich wie zu viel Geld – auch nicht glücklicher. Wer täglich etwa zwei bis drei Stunden mit Freizeitaktivitäten verbringt, kann seine Lebenszufriedenheit mit noch mehr Freizeit nicht weiter steigern.

Wie so oft zeigt sich auch beim Glück: Die Mischung macht’s. Es ist die Kombination aus kurzfristigen Glücksmomenten (Flow) und längerfristigem Glück (Grow), die zu einem gelingenden Leben mit nachhaltigem Glück beiträgt (Glow).

In Deutschland scheint das den meisten Menschen recht gut zu gelingen, wie nationale Daten zeigen:

Im Jahr 2004 erreichten die Bundesbürger auf der Zufriedenheitsskala 6,7 von 10 möglichen Punkten – inzwischen sind es schon 7,3 Punkte.

 

 

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Bundesrepublik – wie viele westliche Länder – ein individualistisches Land ist. In diesen Nationen ist das Streben nach persönlichem Glück selbstverständlich, während in kollektivistischen Ländern wie Japan die individuellen Interessen denen der Gesellschaft untergeordnet werden. Vergleicht man die Lebenszufriedenheit dieser beiden Systeme, dann zeigt sich (Grafik): Die Einwohner von individualistischen Ländern sind deutlich glücklicher als jene in kollektivistischen Nationen.

 

 https://www.iwd.de/artikel/glueck-die-mischung-machts-441189/

Lena arbeitet seit 2018 als Referentin in der IW Akademie. Sie studierte im Master Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Management/Marketing an der Universität Duisburg-Essen.